Die wichtigsten balinesischen Fürstengeschlechter haben im Pura Besakih jeweils ihren eigenen Bezirk und auch die Dorfgemeinschaften, Kasten und Berufsgruppen unterhalten hier ihre eigenen Schreine. Die einzelnen Bereiche sind jeweils von einer Mauer umgeben, so ist Besakih nicht ein einzelner Tempel sondern viele Tempelanlagen die auf einem Areal zusammengefasst wurden. Das Zentrum der Anlage ist der heiligste Tempel pura panataran agung Besakih, in dem der Gott Sang Hyang Widhi Wasa verehrt wird. Er ist die Versinnbildlichung der Trimurti, die in der indischen Terminologie die Göttertrinität Brahma-Shiva-Vishnu darstellt. Sie ist das Zentrum des Universums und wird im dreifachen Altar sanggar agung verehrt.
Hier und in den übrigen Schreinen treffen zu den wichtigsten Zeremonien und Feiertagen die Götter und Ahnen ein um verehrt zu werden. Denn auf Bali glaubt man daran, dass die Götter ihren Wohnsitz auf den Gipfeln der Berge haben und nur zu besonderen Anlässen die heiligen Stätten aufsuchen. Speziell zur Zeit des Bhatara Turun Kabeh, dem großen Treffen der Götter im März oder April jeden Jahres, wird hier allen Gottheiten geopfert die für Bali wichtig sind. Die Schreine der Anlage fungieren dann quasi als Hotels der anreisenden Götter. Alle hundert Jahre wird hier das wichtigste aller Feste, das Eka Dasa Rudra gefeiert, bei dem das Universum in mehrtägigen Zeremonien symbolisch gereinigt wird. Für gläubige Hindus sind die Tempel natürlich frei zugänglich, Besucher können jederzeit zwischen ihnen hindurchwandeln und über die nicht all zu hohen Mauern ins Innere blicken. Auch das Fotografieren ist erlaubt, ansonsten gelten die gleichen Verhaltensregeln wie in jedem anderen Tempel Balis auch.
Erbaut wurde die erste heilige Stätte vermutlich im 8. Jahrhundert von einem Weisen aus Java namens Rsi Markandya. Später stand der Ort unter dem Einfluss des Königreichs Klungkung. Seit der Gelgel Dynastie im 15. und 16. Jahrhundert ist Besakih der wichtigste Staatstempel und der Bestattungstempel für die gottgleichen Könige. So befinden sich im innersten Heiligtum des Tempels, im pura panataran agung, nicht nur Schreine wichtiger Sekten, Adelsfamilien und altbalinesischer Sippen sondern auch die Aufenthaltsplätze wichtiger Könige, bzw. deren Ahnen. Darunter die Gelgel Herrscher I Déwa Ketut Tegal Besung, Batu Rènggong, Saganing, Di Madé und Pacekan. Vermutlich ist Besakih deutlich älter als der balinesische Hinduismus, Historiker gehen davon aus dass der Tempel schon zu vorhinduistischer Zeit als ein wichtiger Verehrungsplatz für den Herrn des Berges genutzt wurde. Das würde auch erklären, warum Teile der Anlage so viel schlichter ausgeführt sind, als die meisten anderen balinesischen Tempel die reich verziert wurden.
Bei einem schweren Erdbeben 1917 wurde die Anlage teilweise zerstört, danach aber wieder aufgebaut und in der folgenden Zeit mehrmals renoviert. Den Ausbruch des Gunung Agung am 8. März 1963, ausgerechnet während des Eka Dasa Rudra, überstand der Tempel wie durch ein Wunder unbeschadet. Obwohl weite Landstriche verwüstet wurden, etwa 1600 Menschen zu Tode kamen und 86.000 obdachlos wurden. Der gewaltige Lavastrom steuerte zunächst direkt auf den Pura Besakih zu, teilte sich aber kurz davor und floss nur wenige Meter rechts und links vorbei. Das wurde auf Bali als ein Wunder angesehen, was den Tempel noch eine Stufe heiliger machte. Für den Reisenden ist die Anlage ein Muss, zumal hier fast jeden Tag irgendwelche Feste und Zeremonien stattfinden, die man gerne beobachten kann, sofern man nicht stört. Zudem sind die Opfergaben hier mit Abstand die reichhaltigsten die auf Bali zu finden sind.
Anreise zum Pura Besakih:
Die Tempelanlage Pura Besakih liegt an den Hängen des Gunung Agung, welcher mit seinen über 3000 Metern nicht zu übersehen ist. Etwa 80km sind es von Balis Hauptstadt Denpasar aus in Richtung dem Osten der Insel. Jeder Fremdenführer und jeder Taxifahrer kennt den Ort natürlich und kaum ein Hotel gibt es, das keine Tour dorthin anbietet.
Koordinaten: Süd 8°22’26.58 Ost 115°27’09.25
Aktivitäten
Der Vulkan Gunung Agung kann von Besakih aus bestiegen werden was etwa sechs Stunden dauert. Ein einheimischer Führer muss unbedingt hinzugezogen werden, denn die Wege sind teils steil und ungesichert, Wegmarkierungen gibt es keine. Wetterumschwünge können sehr heftig sein und Einheimische reagieren oft sehr forsch wenn man an Stellen unterwegs ist die eigentlich nicht betreten werden dürfen. Immerhin ist der ganze Berg ein einziges Heiligtum.
Ansonsten ist die Tempelanlage sehenswert genug um mindestens einen halben Tag dort zu verbringen, denn hier finden sehr oft Zeremonien und Feiern statt die an Überschwang kaum zu überbieten sind. Das Tempelinnere darf zwar nur von gläubigen Hindus betreten werden, aber die niedrigen Mauern bieten Touristen sehr gute Einblicke und es gibt einen schönen Rundweg.