Verkehrschaos pur – so lässt sich das Klima der indonesischen Hauptstadt Jakarta am besten umschreiben. Ob Autos oder Motorräder: Die Anzahl der Fortbewegungsmittel nimmt kontinuierlich zu. Der Ausbau der Infrastruktur, also insbesondere der Straßen und öffentlichen Verkehrsmittel kann diese Entwicklung nicht einholen. Geht das Tempo in dieser Weise weiter, wird der Verkehr gänzlich zum Stillstand kommen. Die Situation trägt auch nicht unbedingt zu einem entspannten Miteinander bei – schon gar nicht, zwischen den Fahrern untereinander.
Andauerndes Getöse, Gehupe und Bruch mit den Straßenverkehrsregeln sind gerade während den Zeiten des Stoßverkehrs an der Tagesordnung. Aber auch den Fußgängern wird der Einsatz ihrer Nerven gnadenlos abverlangt: Diese werden von den Motorrädern wie Hühner vor sich her getrieben.
Koalition der Fußgänger
Sie haben bereits eine Union gebildet und fordern die Gehwege als solche zurück – weg mit den einspurigen Kraftfahrzeugen von ihrem Revier, fordern die „Koalisi Pelajan Kaki“ oder auf Deutsch „Die Koalition der Fußgänger“.
Anthony Ladjar, der Gründer, wurde dabei von seiner Tochter inspiriert. Sei fragte ihn: „Papa, warum sind eigentlich die Motorräder auf den Gehsteigen?“ „Ich bin nicht bereit, meine Tochter in diesem Sinn zu erziehen“ gibt Ladjar offen zu und gründete die kleine Union. Klein sind sie allemal – mit 20 bis 30 Personen treffen sie sich jeden Freitag an besonders belebten Plätzen und demonstrieren – anhand stiller Proteste – mit Schildern zum Wecken des allgemeinen Problembewusstseins.
Seinem ersten Ersatz verlieh er allerdings ein Mehr an Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen: Er blockierte die Fahrbahn, indem er sich kurzerhand auf den Boden legte. Eine spektakuläre Aktion – dauerhaft aber kann man so nicht vorgehen. Die Entscheidungsträger sind gefordert. Die Reaktionen auf den Event waren natürlich geteilt: Manche beschimpften ihn, andere aber sahen sehr wohl Sinn hinter der Sache und sprachen ihm ihren Respekt aus. Er hofft darauf, dass Tausende von Motorradfahrern von den Botschaften lernen und das eigene Verhalten künftig dahingehend anpassen werden.
Natürlich ist sich auch die Politik der Problematik bewusst und so wurde im Dezember 2011 ein Gesetz erlassen, welches den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel zur Folge haben wird. Bis 2016 erst werden die wesentlichen Projekte abgeschlossen sein, so die Stadtväter. Realistischerweise kann man vorher auch mit keiner Entspannung rechnen. Denn die aktuell angebotenen Busse sind hoffnungslos überfüllt – zumindest zu den Stoßzeiten. Das wiederum lässt nur ein Ausweichen auf die Motorräder zu.
Nach offiziellen Angaben besitzen von den 25 Millionen Einwohnern knapp die Hälfte, nämlich 11,36 Millionen ein Kraftfahrzeug. Die kleine Aktion der Fußgänger allerdings trägt bereits Früchte im kleinen Rahmen – so wurde das Thema bereits von einem Bürgermeister aufgegriffen und es formieren sich in lokaler Hinsicht auch andere Sympathisanten der Idee, um auf die Lage aufmerksam zu machen. Selbst Kontakte mit Organisationen ähnlicher Ziele aus Deutschland wurden geknüpft.