Per pedes, mit dem Fahrrad, mit Bussen oder einem privaten Fahrer, die Möglichkeiten, Java zu bereisen, sind so vielfältig wie die Insel selbst. Manche sind mühsamer und anstrengender, andere bequemer und wieder andere spannend und typisch asiatisch. Aber keine ist so interessant, bequem und schnell wie die Reise mit der Bahn. Erfahrene Asienreisende, die etwa schon Indien mit seinem ausgeklügelten Bahnsystem bereist haben, werden jetzt sicherlich denken, dass das doch ein alter Hut sei: Weit gefehlt, in Indonesien ist das Bahnfahren anders und doch irgendwie ähnlich. Jedoch auf jeden Fall eine Fahrt wert.
Java bietet sich geradezu an, es mit der Bahn zu erkunden, denn als einzige der indonesischen Inseln verfügt es über ein gut ausgebautes Eisenbahnnetz – abgesehen von Sumatra, das einige größere Linien besitzt. Die im Indischen Ozean gelegene Insel verfügt dabei über zwei zentrale Linien, die zwischen den Städten Jakarta und Surabaya verlaufen. Die erste, kürzere Route verläuft über Cirebon und Semarang im Norden und die zweite im Süden über Yogyakarta und Solo. Das Streckennetz, das die staatliche Eisenbahngesellschaft Kereta Api (Kereta bedeutet Wagen, Api Feuer) befährt, wurde ursprünglich von den Niederländern während der Kolonialzeit errichtet, jedoch wird es seither nicht oder nur notdürftig instandgehalten. Bereits in den 1870ern begannen die Kolonialherren mit dem Ausbau eines Schienennetzes, das sich mit den Jahren über die Insel ausbreitete und heute auch dem Java-Reisenden zur Verfügung steht.
Die meisten Ankömmlinge von Europa aus werden vermutlich in Indonesiens Hauptstadt Jakarta, einst Batavia, eintreffen und von dort aus ihre Reise beginnen. Die Großstadt ist einerseits zwar sehenswert, andererseits ist sie auch laut und schmutzig. Kein Wunder also, dass viele Reisende schnell die Flucht ergreifen und lieber den Rest der Insel erkunden wollen. Aber wie kommt man am besten von hier weg und wohin? Es gibt etliche lohnenswerte Ziele auf Java, wie etwa Yogyakarta oder Mount Bromo. Die Entfernungen sollten allerdings keinesfalls unterschätzet werden. Zwischen Jakarta und Yogyakarta liegen gute 550 Kilometer, die es zurückzulegen gilt. Zwar gibt es auch genügend bezahlbare Inlandsflüge, mit der Bahn jedoch kann der Reisende nicht nur die Landschaft genießen, sondern auch Menschen und die indonesische Kultur kennenlernen (und manchmal resultiert daraus auch eine Einladung zum Essen, die man wahrnehmen sollte). Etwas Sitzfleisch sollte der Reisende mitbringen, denn die Fahrt von der indonesischen Hauptstadt nach Yogyakarta dauert immerhin gute acht Stunden.
Vorbei an Reisfeldern, Vulkanen, Kakaoplantagen, Moscheen und Dörfern kann so die Natur bewundert werden und der Fahrgast kann sie in Ruhe auf sich wirken lassen. Der Bahnfahrende kann es sich bequem machen, einfach mal abschalten und die Eindrücke auf sich wirken lassen. Es sei denn, er fährt mit der Holzklasse, den sogenannten „Ekonomi“-Zügen, denn den Begriff Holzklasse kann und sollte man wörtlich nehmen, was jedoch auch seinen Reiz hat. Hier werden unweigerlich dann doch Erinnerungen an indische Verhältnisse wach gerufen: bunte Plastikgebilde, Reis, Kaffee und, und, und; hier wird wirklich alles feilgeboten. Die Käufer flitzen bei jedem Halt durch die Gänge und versuchen, ihre Ware an den Mann zu bringen. Musiker drängen sich durch die Abteile und immer mehr Menschen strömen gleichzeitig in den Zug: Irgendwo wird schon noch ein Platz frei sein. Und wenn nicht, dann bietet das Dach auch genügend Platz (ein Bild, das aber immer seltener wird, da die indonesische Bahngesellschaft nun beginnt, an viel befahrenen Abschnitten, schwere Metallkugeln an Gestelle zu hängen, die im Abstand von 25 Zentimetern bedrohlich über Zugdächern baumeln). Berührungsängste sollte der Bahnreisende nicht haben! Willkommen in Indonesien! Hier kann man mit Einheimischen schnell in Kontakt kommen: Die soeben erworbenen Nüsse eignen sich wunderbar zum Teilen mit seinem Sitznachbar und schon ist man in ein Gespräch verwickelt – sei es auf Englisch oder mit Händen und Füßen. Die Tickets für solch eine Abenteuerfahrt können einfach bequem eine Stunde vor Fahrtantritt am Schalter erworben werden.
Natürlich kann man das Ganze auch etwas bequemer angehen, dies fängt schon bei der Klimaanlage an, denn in Indonesien ist es bekanntlich heiß und schwül. In der „Eksekutif“-Klasse ist diese selbstverständlich für die gut zahlenden Gäste auch in Betrieb. Allerdings kann so eine Klimaanlage auch ihre Tücken haben: kalt, kälter, indonesischer Zug. Ein langärmeliges Shirt sollte daher griffbereit sein. Einige Bahnen sind dann doch ein wenig zu kalt eingestellt – ein Problem, das übrigens nicht nur in den Zügen anzutreffen ist. Für diejenigen, die nur wenig Zeit mitbringen, um Java zu bereisen, sind die etwas teureren Züge allerdings eine gute Wahl, denn sie sind deutlich schneller als die der „Ekonomi“-Klasse. Und bequemer ist die Fahrt mit ihnen natürlich auch, selbst als Europäer hat man Platz, um sich auszustrecken und die Mahlzeit, die geboten wird, zu genießen. Dabei kann der Urlauber sich zurücklehnen und ab und an sogar einen Film schauen. Doch sollte der Fahrgast sich nicht zu früh freuen, denn es werden vorzugsweise amerikanische Actionfilme gezeigt und zwar in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. Ein Kontrastprogramm zwischen malerischer Landschaft und actionreicher Geräuschkulisse sind im Preis somit enthalten. Tickets können hier schon Wochen im Voraus gebucht werden, was vor allem während der Ferien und am Wochenende auch anzuraten ist, zumindest ein paar Tage vor Reiseantritt.
Dr. Tanja Lindauer, Journalistin und Schlussredakteurin, lebt und arbeitet in Berlin. Sie wird von ständigem Fernweh geplagt und bereist mit dem Rucksack die Welt.
Dazwischen gibt es noch eine weitere Klasse, die sogenannte „Bisnis“-Klasse, die sich von den „Ekonomi“-Zügen durch Deckenventilatoren unterscheidet, die aber auch an heißen Tagen keine Abkühlung verschaffen. Übrigens für Eilige sind die „Bisnis“-Züge nicht zu empfehlen, da sie wie die der dritten Klasse an jeder Haltestelle stoppen. So gibt es bei der Bahnfahrt durch Java sicherlich neben vielen Vorzügen auch manchen Nachteil, doch ist die Reise mit der Bahn, ganz gleich in welcher Klasse, eine Reise wert.
Artikelbild: © Dmitrydesign / Shutterstock